31. Okt. 2018
veröffentlich im Richard
Bis vor vier Jahren hatte Hooman Kharaztavakol noch alle Hände voll zu tun. In dem Krankenhaus in der iranischen Provinzstadt Isfahan, in dem er als PJler arbeitete, behandelte der Orthopäde und Sportmediziner in der Notaufnahme mit seinen Kollegen im Schnitt 500 Patienten pro Tag. Nun verlässt der Iraner um 9 Uhr morgens seine kleine Wohnung im Kölner Westen. Er fährt mit Bus und Bahn in die Innenstadt, betritt ein Bürogebäude gleich gegenüber dem Kölner Dom und fährt mit dem Aufzug in den vierten Stock zum medisim-Institut für medizinische Fortbildung. Hier büffelt der 30-Jährige mit einem halben Dutzend anderer Ärzte verschiedener Altersgruppen und Herkunftsländer fünf Stunden am Tag: Vokabeln, Redewendungen und Grammatik. Es sind nicht die üblichen Begrifflichkeiten wie „Wo bitte geht’s zum Bahnhof?“, die hier vermittelt werden. Stattdessen hat der junge Mediziner einen komplizierten Lückentext vor sich, einen Arztbrief. Er soll die fehlenden Wörter ergänzen. Das Papier ist übersät mit Fachbegriffen. Es sind Anforderungen, mit denen viele Muttersprachler ihre liebe Not hätten. Doch der Iraner beißt sich durch. Schließlich hat er lange auf diese Chance hingearbeitet – hier in Deutschland geschult zu werden in Fachsprache und Praxis, um die Anerkennung seines Abschlusses aus dem Iran zu bekommen.